Die Ergebnisse einer neuen Studie, die unter der Federführung der Medizin Uni Innsbruck und gemeinsam mit der Universität Innsbruck und dem Krankenhaus Bruneck sowie mit Forschern in Graz, London und Paris entstanden sind, wurden soeben im American Journal of Clinical Nutrition (AJCN) veröffentlicht: Spermidinreiche Ernährung hält den Menschen länger jung.
Das natürliche Polyamin „Spermidin“ zeigt in der Zellkultur und bei Tieren lebensverlängernde Wirkung. Dieser Anti-Aging-Effekt von Spermidin wurde nun erstmals auch für den Menschen nachgewiesen: Wer mit der Nahrung viel Spermidin zu sich nimmt, verlängert damit möglicherweise seine gesunde Lebensspanne.
Diese Erkenntnis verdanken wir einem großen internationalem Forscherteam im Rahmen des Tiroler K-Projekts VASCage (COMET, FFG), in dem unter anderem untersucht wird, inwieweit Nahrungsbestandteile in der Lage sind, systemisch Einfluss auf Entzündungs- und Alterungsprozesse zu nehmen.
Aufgrund von Daten aus der prospektiven Bruneck Studie und spezifischen Diätfragebögen zur Berechnung der Nahrungsaufnahme konnten verschiedene bekannte Wirkung von Spermidin auf altersbedingte Prozesse bestätigt sowie seine Rolle als unabhängige Einflussgröße auf die Lebensspanne nun auch erstmals beim Menschen untermauert werden.
In enger Zusammenarbeit mit Herbert Tilg (Leiter des Ernährungsprojektes von VASCage) und Jungforscher Raimund Pechlaner hat Stefan Kiechl untersucht, inwieweit die über die Nahrung aufgenommene Menge an Spermidin mit der Lebensspanne korreliert. Das Ergebnis: ProbandInnen, die viel Spermidin über die Ernährung zuführen, also mindestens 80 µmol (Mikromol) Spermidin pro Tag, wiesen ein deutlich geringeres Risiko auf, im 20-jährigen Beobachtungszeitraum zu versterben. „Der Überlebensvorteil von spermidinreicher im Vergleich zu spermidinarmer Ernährung (<60 µmol pro Tag) beträgt rund fünf Jahre“, erklärt Pechlaner.
Der Gehalt von Spermidin, das in hoher Konzentration in Samenflüssigkeit sowie in anderen Körperzellen vorkommt und auch von bestimmten Darmbakterien produziert wird, nimmt im Lauf des Lebens ab. „Dieser Entwicklung kann durch eine Ernährung mit spermidinreichen Lebensmitteln wie Keimgemüse, Erbsen, Vollkornprodukten, Äpfeln, Salat, Pilzen, Nüssen, Kartoffeln oder gereiftem Käse entgegengewirkt werden“, betonen die Innsbrucker Forscher.
Mechanistisch gesehen beruht die lebensverlängernde Wirkung von Spermidin vor allem auf seiner Fähigkeit, Autophagie anzuregen. Bei diesem auch durch mehrstündiges Fasten ausgelösten Selbstreinigungsprozess der Zelle werden fehlerhafte oder nicht mehr benötigte Zellbestandteile abgebaut und verwertet. Weil die Autophagie im Alter an Effizienz verliert, kommt es zu krankheitsrelevanten Ablagerungen in den Zellen, die wiederum zu Demenz, Diabetes, Tumoren und Atherosklerose führen können.
„Die vermehrte Aufnahme von Spermidin signalisiert der Zelle, den Selbstreinigungsprozess zu starten und schützt damit vor Ablagerungen und vorzeitiger Alterung“, sagt Kiechl. Wichtige Erkenntnisse hierzu stammen von Kooperationspartnern der Uni Graz (Frank Madeo und Tobias Eisenberg).
Die aktuellen epidemiologischen Ergebnisse gemeinsam mit der starken experimentellen Basis ergeben ein überzeugendes Konzept. Als definitiver Beweis sind noch Interventionsstudien erforderlich, die zum Teil bereits angelaufenen sind.
Für mich ausreichend um Spermidin mal auszuprobieren.