Bisher war mir persönlich Glycin nicht bekannt. So vom “Hören-Sagen-Lesen” schon, aber die Effekte kannte ich nicht. Seit einigen Monaten befasse ich mich intensiver mit dieser Aminosäure. Natürlich haben alle Aminosäuren bestimmte Effekte. Glycin aber wird immer interessanter.
Einige kurze Zitate, was die Wissenschaft so über Glycin sagt (Quelle: Zhong et al., 2003):
- Glycin schützt vor Blutungen und Blutvergiftung, schützt auch vor den Reperfusionsschäden (nach Infarkten)
- Glycin verhindert bzw. reduziert Schäden an Leber und Nieren, verursacht beispielsweise durch Medikamente
- Glycin schützt vor Arthritis, hemmt die Magensäure-Produktion und schützt die Magenschleimhaut vor induzierten Schäden
- Glycin hat wohl antientzündliche, immunstabilisierende und zellschützende Wirkung
- Glycin moduliert Immunprozesse via Makrophagen – dort werden entzündliche Cytokine und die Produktion freier Radikale gehemmt
- Glycin hemmt den Calcium-Einstrom in die Zelle, was seine Wirkungen erklären könnte
Gerade der letzte Punkt spielt bei der Fettspeicherung bzw. Fettfreisetzung eine Rolle. Er erklärt, warum eine Ernährung, die sehr viel Glycin enthält, die Fettmasse deutlich reduziert, ebenso Plasma Triglyceride und Cholesterin, bei gleichzeitig gesteigertem HDL (Quelle: Madsen et al., 2014; Hafidi et al., 2004).
Glycin als Multitalent
Glycin könnte also Leben retten nach Herzinfarkten, könnte (vielleicht?) die Entstehung von Leberzirrhose verhindern, könnte vor Arthrose schützen, indem es erst gar keine Entzündungen in den Gelenken entstehen lässt, könnte von Magengeschwüren befreien und vor Arteriosklerose und somit vor Infarkten schützen.
Glycin hemmt das Tumorwachstum
Und jetzt – ganz aktuell – eine neue Arbeit (von Ham et al.), die zeigt: Glycin erhält die Muskelmasse und halbiert die Tumorgröße.
Tumorpatienten verlieren während der Erkrankung Muskelmasse. Noch wichtiger ist die Tatsache, dass Glycin das Tumorwachstum hemmt, was aber schon vorher bekannt war (Quelle: Yamashina et al., 2007). Dies erreicht Glycin wahrscheinlich via Hemmung der Angiogenese, das heißt der Neubildung von Blutgefäßen, die für das Tumorwachstum essenziell sind.
Glycin induziert eine Ausschüttung des Wachstumshormons (HGH)
Glycin vermag dosisabhängig die Wachstumshormon-Ausschüttung zu induzieren (Quelle: Kasai et al., 1980). Eines der wichtigsten Hormone, wenn es darum geht, anständige Leistungen im Alltag zu erbringen (Regeneration!) und anständig zu altern (Fettmasse, Muskelmasse!).
Daher kann Gelatine (mit hohem Glycin-Anteil) als nahezu einziges Protein, nennenswert die HGH-Produktion ankurbeln (Quelle: van Vught, 2010).
Siehe Artikel Der beste Jungbrunnen.
Glycin kann das Altern umkehren
Siehe Artikel Anti Aging mit Glycin.
Glycin hilft dabei, schlank zu bleiben
Glycin erhöht die Freisetzung eines Darmhormons namens GLP-1 (Quelle: Gameiro, 2005; McCarty, 2014). Dieses GLP-1 potenziert die Wirkung des Insulins im Muskel, weswegen wir bei gleicher Kohlenhydratmenge sehr viel weniger Insulin brauchen. Tatsächlich fällt der Glukoseanstieg nach einer Mahlzeit viel geringer (halb so groß!) aus, wenn vorher Glycin gegessen wurde (Quelle: Gannon, 2002).
GLP-1 reguliert darüber hinaus die Fettsäure-Freisetzung im Fettgewebe und hemmt die Entstehung einer Fettleber (Quelle: Villanueva-Penacarrillo, 2002; Lee, 2012).
Glycin kann nicht nur via GLP-1 helfen, ein gesundes Gewicht zu erreichen oder zu halten: Es moduliert den NO-Haushalt (Quelle: El Hafidi, 2006), steigert die Fettsäure-Oxidation und die mitochondriale Energieproduktion in der Leber (Quelle: El Hafidi, 2004). Deshalb wirkt es einer metabolischen Entgleisung entgegen.
Tatsächlich titelte eine Arbeit: “Ist Glycin das Gegengift für Fruktose?” (McCarty, 2014).
Sind wir eine Glycin-Mangel-Gesellschaft?
Der Biologe und Endokrinologe Joel Brind, der Glycin erforscht, meint: Wir leiden alle an einem Glycin-Mangel – mit bisweilen dramatischen Folgen.
Gut, dass Substanz XY im Guten wie im Schlechten für unsere Gesundheit (oder Krankheit!) verantwortlich ist, haben wir nun tausendfach zu hören bekommen.
Daher: Es ist niemals nur Glycin allein!
Andere Wissenschaftler haben sich die Mühe gemacht und genau kalkuliert, wie viel Glycin wir am Tag tatsächlich brauchen (Quelle: Meléndez-Hevia, 2009): 10 Gramm. Der Durchschnittsösterreicher bräuchte 10 Gramm zusätzlich, damit er langfristig und ausreichend die Glycin-Stoffwechselwege speist. Für High-Protein-gefütterte dürften niedrigere Werte anfallen.
Außerdem: Glycin schmeckt süß. Gedanke: Ein Teelöffel davon in den Kaffee, als Zuckerersatz.
Quelle: https://edubily.de/aminosaeuren/glycin-die-aminosaure-der-zukunft