Was ist überhaupt Alterung? Schon mal versucht darüber nachzudenken? Das ist nämlich gar nicht so einfach zu definieren. Und vor allem: Woran macht sich das genau fest? Gibt es irgendeine Art “Zelluhr”, auf der man ablesen kann, wie alt man ist?
Tatsächlich hat ein Professor der Humangenetik der University of California, Los Angeles (UCLA), Steve Horvath, genau so eine Zelluhr entdeckt. Der ursprünglich aus Deutschland stammende Wissenschaftler beschreibt mit der nach ihm benannten „Horvath’s clock“ ein bestimmtes epigenetisches Muster, das das tatsächliche Alter mit unglaublicher Präzision vorhersagt.
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Wir alle haben in (fast) jeder Zelle eine DNA. Diese unterliegt aber einer Regulation, z.B. dadurch, dass bestimmte chemische Gruppen an die DNA geheftet werden, die die Aktivität der Gene verändert. Ganz bekannt sind Methylgruppen und die DNA-Methylierung. Dabei werden Methylgruppen an bestimmte DNA-Stellen geheftet, wodurch Gene reguliert werden.
Horvath hat nun ein ganz bestimmtes Methylierungsmuster der DNA entdeckt, das ganz genau mit dem Lebensalter korreliert bzw. dieses vorhersagt. Heißt ganz einfach ausgedrückt: Im Laufe des Lebens ändern sich an bestimmten Stellen der DNA chemische Modifikationen, die man messen kann und die in der Summe das Lebensalter vorhersagen. Eine unglaubliche Entdeckung.
Alte Zellen haben also, nicht nur mit Blick auf dieses Methylierungsmuster, ein allgemeines epigenetisches Muster. Einige dieser epigenetischen Faktoren sorgen via Genregulation dafür, dass die Zellen überhaupt “alt” sind und sich wie eine alte Zelle verhalten.
Allgemein gilt: Bestimmte epigenetische Muster sorgen für die Zelldifferenzierung, je jünger und undifferenzierter eine Zelle ist, umso unbestimmter ist ihre Rolle im Körper. Die Epigenetik, also eine zellspezifische Genregulation, legt dann fest, zu welcher Zellart sich die Zelle in ihrer weiteren Entwicklung differenziert. Wichtig hierbei sind Stammzellen.
Die ersten Zellen nach der Befruchtung der Eizelle müssen einen ganzen Körper aufbauen und können sich entsprechend zu jedem Gewebe differenzieren, man spricht von totipotenten Stammzellen. Folgezellen sind nur noch pluripotent. Das sind in der Regel embryonale Stammzellen, die zu fast jeder Gewebezelle des Körpers differenzieren können. Multipotente und unipotente Stammzellen findet man am Ende der Kette häufig in “fertigen” Geweben, die sich regelmäßig erneuern müssen, etwa Muskeln und Haut.
Wichtig für die Zelldifferenzierung und das damit verbundene epigenetische Muster sind sogenannte Transkriptionsfaktoren. Das sind Proteine, die mit der DNA wechselwirken und ihr so ein spezifisches epigenetisches Muster verpassen. Auf diese Weise regulieren Transkriptionsfaktoren auch das “Schicksal der Zellen” (engl. cell fate), entscheiden also darüber, ob eine Zelle zur Nerven- oder Muskelzelle wird.
Mit den Yamanaka-Faktoren entdeckte der japanische Wissenschaftler Shinya Yamanaka 2006 vier dieser Transkriptionsfaktoren: Oct4, Sox2, Klf4 und c-Myc, mit denen längst ausdifferenzierte Zellen, also z.B. Hautzellen, wieder zu pluripotenten Stammzellen werden können. Unglaubliche Entdeckung, die ihm den Nobelpreis bescherte.
Nach all der Theorie wird’s spannend. Denn diese Yamanaka-Faktoren setzen Zellen nicht nur mit Blick auf ihre Funktion sozusagen auf “Null”, sondern auch mit Blick auf ihr Alter, gemessen anhand der epigenetischen Uhr nach Hovarth, also der Hovarth’s clock. Es ist also bewiesen, dass Zellen wieder jung werden können. Man spricht von “Reprogramming”, also dem Neuprogrammieren von Zellen.
Wichtig dabei ist jedoch, keine Fehler zu machen: Man darf diese Yamanaka-Faktoren nicht zu lange applizieren. Denn wenn man z.B. eine Hautzelle damit behandelt, entwickelt die sich am Ende so weit zurück, dass sie gar nicht mehr weiß, dass sie eine Hautzelle ist. Das kann auch gefährlich werden, z.B. mit Blick auf die Krebsentstehung. Es geht also darum, diese Faktoren nur ganz kurzweilig zu applizieren, sodass die Hautzelle ein jüngeres epigenetisches Muster bekommt und wieder jugendlicher funktioniert.
Und an der Stelle kommt eine brandneue Studie mit ins Spiel. Da haben Forscher nämlich gezeigt, dass einer der vier oben genannten Yamanaka-Faktoren bei Sport stark ansteigt, nämlich c-Myc. Die haben Muskelzellen von Mäusen und Menschen nach Sport mit Muskelzellen aus Mäusen verglichen, bei denen die Yamanaka-Faktoren künstlich hochreguliert waren, die also von Haus aus “junge Muskelzellen” haben.
Ergebnis: Sport verjüngt Muskelzellen durch Teil-Neuprogrammieren. Ist das nicht sensationell? Was es für unglaubliche Studien heutzutage gibt…
Bewegung ist das stärkste Medikament, das wir haben und sollte als gesundheitsfördernde und potenziell lebensverlängernde Behandlung zusammen mit Medikamenten und einer gesunden Ernährung betrachtet werden.
Klarer geht’s nicht. Wer junge, gesunde Muskeln haben will, muss sich bewegen. Es führt offenbar kein Weg dran vorbei. Wir wissen mittlerweile, dass Sport wirkt. Und wenn so hochdekorierte Wissenschaftler schon verlauten lassen, dass Sport eine “Polypill” ist, also eine “Pille” gegen sämtliche Erkrankungen, dann muss das stimmen. Wer sich nicht bewegt, verschenkt offenbar Lebenszeit und erhöht das Risiko für Erkrankungen.
Auch hier wird wieder einmal etwas klar: eine lokale Applikation der vier Transkriptionsfaktoren würde zwar den Muskel jünger machen. Sport auf der anderen Seite wirkt aber systemisch. Das heißt, nicht nur der Muskel wird durch Sport ein bisschen verjüngt. Auch das Herzkreislaufsystem, das Hirn, die Leber und viele andere Organe profitieren davon. Deshalb ist “Bewegung das stärkste Medikament, das wir haben”.
Außerdem, weil wir noch Winter haben und die Vitamin D Produktion in der Haut in unserem Breitengrad erst wieder ab April funktioniert: Vitamin D Mangel beschleunigt das Altern. Also mindestens 2000IE Vitamin D täglich zuführen.
Quelle: genetisches-maximum.de